Die Deutsche Ayşe

© Jochen Quast

Mitwirkende

Im Theater Münster und Landestheater Schwaben

Schauspiel: Claudia Frost, Lilly Gropper, Isa Weiß, Regina Vogel

Bühne und Kostüme: Kerstin Bayer

Dramaturgie: Friederike Engel

Video: Esat Moğul

Super-8-Aufnahmen: Hüseyin Türkay Moğul

Choreografie: Hans Henning Paar

Musik und Soufflage: Andreas Abegg

„Eigentlich wollte ich immer Ärztin werden. Das war mein Traum. Ich weiß es noch wie heute. Ich war im 4. Schuljahr und wollte Abschied nehmen von meinem Vater, der in den Osten der Türkei irgendwohin musste. Irgendjemand hat mich hochgehoben und gefragt: ‚Ayşe, was willst Du den werden?‘ Ich sagte: ‚Ich will Ärztin werden.‘ Aber es ist alles ganz anders gekommen. Mit 16 habe ich geheiratet. Meine Mutter wollte mich unbedingt verheiratet wissen. Sie war ständig kränklich und dachte immer, daß sie bald sterben würde. Sie ist erst mit 94 Jahren gestorben, und ich habe sie die letzten 14 Jahre gepflegt. Ich hätte auch ein andres Leben haben können, aber ich glaube ein wenig an das Schicksal und vielleicht sollte es so sein.“

Die Deutsche Ayşe erhielt 2014 beim NRW Theatertreffen in Dortmund den Publikumspreis und den Preis der Jugendjury. Einladung zum Theaterfestival „Made in Germany“ in Stuttgart. Bundesweite Gastspiele.

„Um zu betonen, wie anstrengend das ist, kehrt Moğul zuletzt die Bewerbersituation um. Die drei Schauspielerinnen verstauen die Perücken in den Rollkoffern und treten ein letztes Mal an den Bühnenrand, um ihren Lebenslauf in beeindruckend flüssigem Türkisch, wie es dem Kritiker schien (der freilich kein Türkisch spricht), erneut wie in einem Bewerbungsgespräch vorzustellen – ganz so, als bewürben sich die drei in der Türkei. Nicht nur das, sondern auch die souveräne Umsetzung von Moğuls präzise wie vielschichtig angelegter Recherche belegt die enorme Leistung von Frost, Gropper und Weiß auf der leeren Bühne.“ [nachtkritik, 8.3.2013]

„Moğul flicht das Interviewmaterial zu einem lockeren, narrativ-musikalischen Netz und lässt es von drei Schauspielerinnen … Aug in Aug mit den Zuschauern, beschwingt performen. Diese Frauen tragen keine kein Kopftuch, sondern knallige Kleider, schöne schwarze Perücken und auffälligen Modeschmuck. Sie funkeln geradezu vor Leben und Abenteuerlust, wenn sie zu Beginn auf ihren Koffern sitzen, während im Hintergrund Dias einer grauen Arbeitersiedlung der 60er Jahre von einer tristen Zukunft in Deutschland künden.“ [Theater Heute, 05/2013]

„Tuğsal Moğul hat die Erlebnisse der Frauen mit viel schwarzem Humor überhöht, um ihre Schicksale intensiver zu verdeutlichen. Es ist ein spitzzüngiges Sittenbild. Den exzellenten Schauspielerinnen gelingt es, die Gefühls-Achterbahnen (…) mit kessem Körpereinsatz, großer Musikalität und eindrucksvoller Gesichtsmimik pointiert auf die Bühne zu bringen. Moğul schaut tief hinein in die Abgründe der deutschen Gesellschaft der 60er und 70er Jahre, persifliert aber auch typisch türkische Verhaltensmuster. Fazit: ein wichtiges Stück Zeitgeschichte. [Westfälischen Nachrichten, 11.3.2013]

„Das Interview-Material verwebt sich in den Monologen der drei mutigen Frauen zu polyphonen Glaubensbekenntnissen (…), irritierenden Erfahrungen (…) und unerschütterlicher Zuversicht. Ihre Bewerbungsmonologe auf Türkisch am Ende zeigen: Die Vergangenheit der Frauen hat sich in eine globale Zukunft verwandelt. Ein Fest theatralischer Integration.“ [Münstersche Zeitung, 11.3.2013]

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